Ich hätte nach der Verletzung Ende Januar beim JAM niemals damit gerechnet, dass ich beim WHEW100 antreten und vor allem finishen kann.
Knapp vier Wochen Pause wegen einer Sehnenscheidenentzündung in der Sehne des Tibialis anterior, umgangsprachlich auch Fußhebersehne genannt, haben mich sehr zurückgeworfen. Bis heute habe ich immer noch leichte Probleme, die aber nach flachen langen oder schnellen Läufen besser werden; Bergauflaufen, ein Sockenbündchen und das Sitzen im Büro macht es schlimmer. Die Sehne selbst fühlt sich aus ärztlicher und physiotherapeutischer Sicht wieder gut an, ein Ultraschall blieb unauffällig. Wenn beim MRT auch nichts entdeckt wird, dann habe ich es wohl eher am Kopf als am Bein.
Wie auch immer, seit sechs Wochen laufe ich wieder. Der Wiedereinstieg war unerwartet hart, die ersten Läufe fühlten sich an, als sei ich noch nie gelaufen. Das legte sich aber zum Glück nach einer Woche. Ich hatte schon vor der Verletzung für den 6-h Lauf in Münster und den WHEW100 gemeldet, und obwohl ich nicht wirklich daran glaubte, schrieb ich diese Läufe nicht ganz ab. Berge mied ich, wo es ging, und stand dann 3 Wochen vor dem WHEW in Münster am Start. Da ich nur einen langen Lauf über 30 km (mit Thomas Pagenkämper) im Vorfeld gemacht hatte, wurde ich ab km 35 deutlich langsamer, bin aber durchgekommen (61,8 km) und das Bein hielt. Eine Woche später bin ich dann den RuWel5-Marathon gelaufen, um noch ein paar Kilometer zu sammeln. Auch dort hatte ich außer konditionelle keine weiteren Probleme.
Bis zuletzt hielt ich es mir offen, ob ich beim WHEW100 starte, da ich einige Hügel erwartete und ich Anstiege in Absprache mit meinem Arzt noch meiden soll. Aber auf der Webseite des WHEW las ich etwas von Bahntrassen und flach und wollte dem auch gerne blind vertrauen, auch wenn ich Wuppertal und Umgebung anders kenne.
Richtig flach war es dann auch nicht. So musste eine Sperrung der Nordbahntrasse umlaufen werden und dafür ging es auf den Berg. Nach 1,5 Stunden war der höchste Punkt erreicht und es ging 15 Kilometer bergab, es folgten über dreizig wirklich flache Kilometer entlang der Ruhr und am Baldeneysee vorbei, die ganz gut liefen, wenn auch das Tempo langsam sank.
Mit Wechsel auf die Niederbergbahntrasse begann das (Zwischen)Grauen. 17 Kilometer oder zwei Stunden ging es nur den Hügel hoch (wenn auch nur ganz leicht – insgesamt ungefähr 220 Höhenmeter), in denen ich im Wechsel geistig meine Ultrakarriere beendete, die Restdauer im Gehtempo berechnete oder mich kurzfristig an der schönen Aussicht erfreute. Die leider von der Realität schnell eingeholten Aufmunterungsversuche der freundlichen Helfer am DLRG Verpflegungstand, an dem das Ende des Anstiegs verkündet wurde (ungefähr auf halber Höhe), gaben mir den Rest. Nach 75 Kilometern gestattete ich mir dann sogar eine kurze Gehpause, die mich aber nicht nach vorne brachte. Was mir wirklich half, das war der nächste Verpflegungsstand. Dort wurde (von Reimund) meine schlechte Verfassung erkannt und mir eine Nudelbrühe gereicht. Die Verpflegung und das Ende des Berges ließen mich in einen nicht mehr für möglich gehaltenen Laufschritt fallen und so konnte ich noch auf Staffelläufer aufschließen, die mich lange vorher am Berg überholt hatten.
Die letzen 10 oder 15 Kilometer schloss ich mich noch einer freudlichen Staffelläuferin, die zu diesem Zeitpunkt von Ihrem Mann, der die erste Hälfte gelaufen war, auf dem Fahrrad begleitet wurde, an. Das Tempo war so hoch, dass ich nicht abreißen lassen musste, aber dann doch deutlich vor der zwischenzeitlich erwarteten Zeit in Ziel kam. Und eine nette Unterhaltung gab es gratis dazu.
Der Lauf hat mir sehr gut gefallen, für Leiden aufgrund des Trainungsrückstandes kann die Strecke nichts. Dass es ein paar Ecken gab, die nicht ganz optimal ausgewiesen waren und es damit zu kleineren Umwegen bei dem einen oder anderem kam, lässt sich bei der Premiere eines solchen riesigen Laufes wohl nicht verhindern. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn es eine Neuauflage gäbe.
Die zu Rad- und Fußwegen umgebauten Bahntrassen kannte ich nicht und ich finde die Umsetzung super. Die Ruhrwiesen in diesem Bereich waren mir auch neu, ich kenne sie nur einige Kilometer weiter flußaufwärts, aus der Homezone.
Wenn jetzt noch das kommende MRT keine Probleme aufzeigt, dann schaue ich schon voller Panik Vorfreude in Richtung ITM.