Nach wochenlanger Nervosität, erst latent, am Ende nicht überhörbar, war es am 05.07.2014 soweit – mein erster Lauf jenseits der 100 km Grenze. Ich lief beim ITM 3 Marathons an einem Tag vom Eelde (NL) bis nach Wardenburg (D).
Das ganze begann schon am Vortag mit dem Treffen ab 16:00 Uhr in Wardenburg, wo es die Startnummern und eine erste Verpflegung gab. Da ich den Freitagsverkehr zu optimistisch einschätzte, waren vor Ort schon viele bekannte Gesichter anwesend. Die Shirts (WiBoLT, TorTour de Ruhr & Co) der anderen Läufer machten die Aufregung nicht wirklich besser. Pünklich um 18 Uhr ging es dann mit dem Bus in Richtung Eelde. Das Viertelfinalspiel gegen Frankreich konnten wir sogar 75 Minuten lang auf deutsch im Radio hören.
In Eelde angekommen schlugen wir in einer Turnhalle Quartier auf. Im Gegensatz zu vielen Anderen suchte ich aber nicht zeitnah den Schlafsack auf, sondern ich trank noch ein Bierchen, führte noch das eine oder andere Laufgespräch und schaute den Anfang des Brasilienspiels. Schlafen wäre sowieso so früh nicht möglich gewesen.
2:56 Uhr ging in der Halle das Licht an. Kurz die Sachen zusammengepackt, einmal frisch gemacht, in die Laufklamotten geworfen und schon ging es zum Frühstück getreu dem Motto: „Ein voller Magen schützt vor zu schnellem Loslaufen!“.
Danach wurden wir mit dem Bus zum Startpunkt gebracht, der ein paar Kilometer von der Halle entfernt war. Pünktlich um 5 Uhr ging es nach einer kurzen Ansprache vom Veranstalter Holger Ziep los. Ich hatte mir fest vorgenommen nicht zu schnell anzugehen und Marathonzeiten um die 4:40 Std. als realistisch erachtet – das war vor der Ansage der hohen Temperaturen. Ich hatte mich dabei an den Laufzeiten eines etwas gleichschnellen aber erfahreneren Laufbekannten orientiert, der 2012 mitgelaufen war.
Schnell fand sich eine 3er Gruppe bestehend aus der späteren Siegerin der Frauenwertung Daniela Zuschlag, aus Günter Zipplies und mir, die bis zum ersten Ziel in Blijham zusammenblieb. Wir meisterten diese erste Etappe, die schönste von allen, da sie immer wieder durch wunderbare Orte ging, in 4:31:57. War es beim Start schon 20 Grad warm, deutete sich nach dem Sonnenaufgang schnell an, in welche Richtung sich der Tag entwickeln würde. Hohe Luftfeuchtigkeit kam auch noch dazu.
Im Ziel hatten wir ungefähr eine Stunde Zeit (je schneller der Lauf, desto länger die Pause) zum Duschen und für ein zweites Frühstück mit viel viel Flüssigkeit. Leider lies sich die Dusche nicht richtig kalt stellen. Während der ersten Etappe hatte ich nur wenig gegessen und viel Wasser und etwas ISO und Cola getrunken.
Nach einem kurzen Bustransfer (1 km) erfolgte der nächste Start um 10:45 Uhr. Inzwischen war es schon fast unerträglich warm, ein relativ starker Wind brachte nur etwas Abkühlung. Ich schwitze selbst im Winter sehr stark, bei Wärme und vor allem bei Schwüle bekomme ich normalerweise ziemliche Probleme. Aber an ein schnelles Loslaufen war sowieso nicht zu denken, da der Laufstil die ersten Kilometer sehr rumpelig war (angelehnt an das NDR-Zitat über den deutschen Rumpelfußball gegen Frankreich).
Nach einigen Kilometern ging es dann über die Grenze, die ich, inzwischen unter der Hitze leidend, glatt übersah. Michael Groth, der mich einige Kilometer begleitete und mit dem ich schöne Gespräche führte, machte mich darauf aufmerksam. Bald stieß auch noch Toni Jug dazu, mit dem ich bis zum Ende der Etappe in Esterwengen zusammen blieb. Sein gleichmäßiger Lauf half mir über ein mentales Tief zwischen Kilometer 28 und 35 des zweiten Marathons hinweg und er zog mich sinnbildlich auch noch den Schlussberg hoch. Die 4:33:34 waren deutlich aufwendiger erkämpft als die erste Etappe.
Auf der zweiten Etappe habe ich ebenfalls wieder fast nichts gegessen, lediglich ein paar Salzbrezeln, Gurke mit Salz und etwas Schokolade. An jeder der 3 offiziellen Verpflegungspunkte trank ich jetzt 1,2 Liter ISO und danach noch etwas Wasser. Dazwischen trank ich an den Zwischen-VPs immer etwas Wasser, der Rest kam aus dem mitgeführten Trinkrucksack. Außerdem arbeitete ich intensiv mit 2 Schwämmen, mit denen ich Kopf und Laufshirt an jedem Haltepunkte richtig nass machte und mir danach die frisch gewässerten Schwämme in den Nacken steckte.
Die Pause zwischen den Marathons 2 und 3 war eine halbe Stunde länger als die erste und hier ließen sich die Duschen auch richtig kalt stellen. Nach der eiskalten Dusche und in neuen Laufklammotten (lediglich die HOKAs lief ich wider die erste Planung komplett durch) aß ich Nudeln mit Tomatensoße und trank diverse alkoholfreie Biere. Ich wusste, dass ich noch einen Marathon laufen würde, aber ehrlich vorstellen konnte und wollte ich mir das nicht. Aber augenscheinlich ging es mir nicht alleine so.
Mit etwas Verspätung ging es dann zum letzten Startpunkt und wir liefen um 17:15 los in Richtung Wardenburg. Das Gerumpel endete erstaunlicherweise schon nach wenigen 100 Metern und ich fiel zunehmend in einen richtig guten Laufschritt. Das Tempo erschien mir zwar etwas zu hoch, allerdings war es nach einem kurzen Schauer nicht mehr ganz so unerträglich heiß. Im Glauben, am Ende sowieso gehen zu müssen, lief ich in dem Tempo weiter bis VP1. Mit Essen und Trinken hielt ich es genauso wie auf der zweiten Etappe, an den Verpflegungsständen blieb ich mich immer einige Minuten stehen. V1 bis V2 war ähnlich. Zwischen VP2 und VP3 überholte ich dann drei einzelne Läufer. Das Heranlaufen lies keine Zeit für die Frage nach dem eigenen Zustand und dem Sinn des Ganzen. Ab VP3 ging es wieder ganz alleine weiter. Jeder Kilometer wurde länger, aber nicht langsamer. Die Zeit vertrieb ich mir mit Zielzeitberechnungen, mal als Worst-Case-Szenario (Gehen), mal als Lauf im 7 Minutentempo, aber immer langsamer, als ich tatsächlich lief, um die Zielzeit nach jedem Kilometer nach unten korrigieren zu können. Das klingt vielleicht komisch, aber es hilft mir immer über die letzen Kilometer.
Die untergehende Sonne konnte ich ebenso wie das kurz darauf folgende Ortseingangschild von Wardenburg fotografieren. Bald lief ich nach 4:19:55 Std. ins Ziel, die Stirnlampe hatte ich mir umsonst gekauft.
Im Ziel, in dem ich herzlich von Helfern und schon angekommenen Mitläufern begrüßt wurde, genoss ich nach kurzer Regeneration die tolle Verpflegung inklusive Bratwurst und freute mich mit jedem der nach und nach eintrudelnden weiteren Finisher. Besonders habe ich mit Frank Pachura mitgefiebert, dessen Plan, hier die Marathon/Ultras 98,99 und 100 zu laufen, aufging. Hierzu noch einmal herzlichen Glückwunsch und natürlich auch an Daniela Zuschlag zu ihrem Sieg bei den Frauen.
Nach Dusche und Massage und dem Schauen der Siegerehrung ging es dann irgendwann in den Schlafsack, in dem ich deutlich besser schlief, als die Nacht davor.
Ich war von Anfang an sehr zufrieden. Ich kannte allerdings bis Montag Abend nur die Platzierungen der ersten beidem Marathons (19. und 6.). Dass ich vierter des letzten Marathons geworden bin, hatte ich gehofft, aber nicht gewusst. Der fünfte Platz der Gesamtwertung hat mich jedoch völlig überrascht und ich musste mehrmals in die Ergebnisliste schauen, um das zu glauben.
Die Renntaktik ist voll aufgegangen, ich bin weder im Hitzestück, noch wie sonst (fast) immer am Ende völlig eingegangen. Im Gegenteil, die letzte Etappe war die schnellste (und das bei geringstem Durchschnittspuls).
Wer glaubt, drei einzelne Läufe seien leichter als die Strecke am Stück durchzulaufen, der sollte nächstes Mal auch teilnehmen – alle anderen sowieso!
Vielen Dank an die Veranstalter Holger und Ramona und an die zahlreichen Helfer, die so eine Veranstaltung auf die Beine stellen.
Es war toll!