Laufen und Selbstmanagement

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Veganes Ultralaufen – geht das?

Ist veganes Ultralaufen möglich? Diese Frage stellte ich mir vor knapp 20 Monaten, nachdem ein langer Prozess bei meiner Frau und mir abgeschlossen war und wir uns entschieden nun vegan zu leben.

Da die Entscheidung ethisch motiviert war, hatte ich mich mit den Auswirkungen einer veganen Ernährung auf mich bis zu diesem Zeitpunkt nicht beschäftigt. Das, was an Informationen – inzwischen weiß ich, dass es viele Vorurteile gibt – an mich herangetragen wurde, ließ mich allerdings daran zweifeln, dass ich weiterhin auf dem gleichen Niveau laufen kann. Da ich aber sowieso ungefähr seit dem 45. Geburtstag keine Bestzeiten mehr lief, hatte ich mich schnell mit dem Gedanken arrangiert, denn eines war mir klar – ein Leben, für das fühlende, nicht menschliche Tiere, unnötig sterben müssen,  ist für mich nicht mehr vorstellbar.

Irgendwann fiel mir ein, dass ich in der Runners World einen Ausschnitt aus dem Buch „Eat&Run“ von Scott Jurek, einem veganen Ultraläufer, der 7 Mal in Folge die 100 Meilen des Western States Endurance Run gewann, gelesen hatte. Dort war eindrucksvoll zu lesen, dass er erst nach der Umstellung auf vegan so richtig gut wurde. Ich suchte daraufhin das Gespräch mit mir bekannten veganen Ultraläufern, die Jureks Aussage über eine wesentlich schnellere Regeneration durch eine rein pflanzliche Ernährung bekräftigten. Auch Beispiele aus dem Kraftsport (z.B. Patrik Baboumian) deuteten auf eine gesteigerte Leistungsfähigkeit hin. Nachdem ich dann noch u.a. die China Study gelesen hatte, war ich deutlich optimistischer, dass das mit Laufen auch weiterhin klappen könnte.

Die ersten Wochen waren jedoch komisch. Auf der einen Seite merkte ich, dass ich von Woche zu Woche die Kilometerleistung erhöhen konnte, morgens fühlten sich die Beine aber oft schlapp an. Letzeres hörte allerdings nach 2 Monaten auf, die gesteigerten Kilometer blieben, ohne dass sich der Gänsefuß am Knie oder die Achillessehne, die beiden Stellen, die in der Vergangenheit immer böse auf Kilometererhöhungen reagiert haben, sonderlich bemerkbar machten.

Auch die Blutwerte wurden deutlich besser. Ich hatte genetisch bedingt zeitlebens, also auch schon als Kind, viele zu hohe Triglycerid- und Cholesterinwerte. Die Triglyceride fielen von Werten >300, auch schon einmal >450 (bei einem Grenzwert von 150 mg/dl), in den Normbereich (inzwischen 3x bestätigt), Cholesterin  (LDL und Gesamt) pendelt jetzt um den oberen Grenzwert bei einem guten HDL-Wert. Alle anderen Werte sind in Ordnung, das waren sie aber vorher auch.

Das Gewicht fiel von 86 Kilogramm auf 78, bei (ehemals?) 1,89m Körpergröße.

Die wöchentliche Laufleistung pendelte sich im Schnitt 18% höher ein als vor der Umstellung  (2019 waren über 5600 km), und das bei weniger gesundheitlichen Problemen als vorher. Die kniebedingten Laufpausen nach Wettkämpfen mit über 100 Kilometern sind gänzlich verschwunden.

Entscheidend für die Beantwortung der Anfangsfrage sind jedoch die Wettkampfergebnisse. Und mit denen bei ich mehr als zufrieden. Hier eine Auswahl:

  • 19./20.05.2018: 100 Meilen bei der TorTour de Ruhr (Verbesserung der Bestzeit um 12 Minuten auf 21:24 Std)
  • August 2018: 5. Platz beim SoNUT
  • 23.09.2018: 50. Geburtstag und erster Marathonsieg beim LIDOMA X (böse Stimmen behaupten, man habe mich zur Feier des Tages gewinnen lassen)
  • 28.10.2018: Röntgenlauf – Versuch mit der Brechstange meine Bestzeit von 5:36 zu unterbieten, ab Marathon dann fürchterlich eingegangen und die Erinnerung daran, dass man Ultrastrecken immer mit Demut begegnen sollte. Eine Bestzeitgarantie gibt es also auch nicht, aber immerhin noch unter 6 Stunden geblieben.
  • 09.03.2019: 6-h Münster – 65,7 km bei stürmischen Wind (Verbesserung um 2 km)
  • 16.03.2019: Crosslauf Ergste, 6,6 km – PB um 2 Minuten verbessert (das hat mich besonders erstaunt, da ich so kurze Dinger eigentlich nicht mehr laufe)
  • 04.05.2019: Highlight WHEW100 – Verbesserung der PB um knapp 58 Minuten und damit erstmals unter 10 Stunden (9:53:59)

Ihr seht es geht also! Ich habe nicht nur die Leistung halten können, sondern nach Jahren, in denen es langsam abwärts ging, noch einen richtigen Leistungszuwachs bekommen, auch wenn das alles, wie anfangs geschrieben, nur ein schöner Nebeneffekt ist.

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